2.Urteil Verwaltungsgerichthof Kassel

Spruchkörper:

5

Aktenzeichen:

5 A 734/08.Z

Instanzenaktenzeichen:

1 E 1116/06

Instanzgericht:

VG Wiesbaden

Gericht:

Verwaltungsgerichtshof Kassel

Entscheidungstyp:

Beschluss

Entscheidungsdatum:

20.05.2008 rechtskräftig

Schlagworte:

BEITRAG; BESEITIGUNGSPFLICHTIGER; ERMÄCHTIGUNGSGRUNDLAGE; GEBÜHR; KOSTENERSTATTUNG; SATZUNG; TIERKÖRPERBESEITIGUNG; TIERKÖRPERBESITZER; TIERSEUCHENKASSE; VORBEHALT DES GESETZES

Normen:

Beitragssatzung der Hessischen Tierseuchenkasse für das Wirtschaftsjahr 2004 § 2; HAGTierNebG § 4 Abs 2; HAGTierSG § 15 Abs 2; HAGTierSG § 6 Abs 2; HAGTierSG § 7 Abs 2; TierNebG § 11; VO(EG) Nr. 1774/2002

Leitsatz:

Für die Regelung in § 2 der Beitragssatzung der Hessischen Tierseuchenkasse, wonach die in den Tierseuchenkassenbeiträgen enthaltenen Anteile für die Beseitigung von Falltieren am Ende des Beitragsjahres verursachergerecht mit einem Drittel der tatsächlich angefallenen Kosten verrechnet werden, und die damit verbundene Heranziehung eines Beitragspflichtigen zu Kostenanteilen fehlt es derzeit an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.

Veröffentlichungen:

 

Sachgebiet:

 

Bemerkungen:

 


Volltext:

5. Senat
5 A 734/08.Z
VG Wiesbaden 1 E 1116/06

HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF

BESCHLUSS

In dem Verwaltungsstreitverfahren

des Herrn B.,
B-Straße, B-Stadt,

Klägers und Zulassungsantragsgegners,

bevollmächtigt: Rechtsanwälte Dr. C., C-Straße, B-Stadt,

gegen

die Hessische Tierseuchenkasse - Anstalt des öffentlichen Rechts -,
vertreten durch den Geschäftsführer ...,

Beklagte und Zulassungsantragstellerin,

bevollmächtigt: Rechtsanwälte A., A-Straße, A-Stadt,


wegen Bescheid über Kostenanteile für die Tierkörperbeseitigung 2004
hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 5. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Lohmann,
Richter am Hess. VGH Dr. Apell,
Richter am Hess. VGH Schneider

am 20. Mai 2008 beschlossen:

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 29. November 2007
- 1 E 1116/06 - wird abgelehnt.

Die Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Zulassungsver-
fahren auf einen Betrag von 6.032,40 € festgesetzt.


G r ü n d e :

Der Antrag der beklagten Hessischen Tierseuchenkasse auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 29. November 2007 bleibt ohne Erfolg.

Die Ausführungen des Bevollmächtigten der Beklagten zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) wecken beim Senat keine derartigen Zweifel.

Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid der Beklagten gegenüber dem Kläger über die Heranziehung für Kostenanteile für die Tierkörperbeseitigung im Jahr 2004 aufgehoben, da es für diesen Bescheid an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage fehle. § 15 Abs. 2 Hessisches Ausführungsgesetz zum Tierseuchengesetz - HAGTierSG - enthalte keine derartige Grundlage. Auch der Nachtrag zu § 2 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Tierseuchenkassenbeiträgen für das Haushaltsjahr 2004, wonach die in den Tierseuchenkassenbeiträgen enthaltenen Kostenanteile für die Beseitigung von Falltieren am Ende des Beitragsjahres 2004 verursachergerecht mit einem Drittel der tatsächlich angefallenen Kosten verrechnet würden, stelle lediglich eine Verrechnungsregelung da und keine Ermächtigungsgrundlage für die Heranziehung zur Kostenerstattung eines Tierbesitzers.

Dem hält der Bevollmächtigte der Beklagten entgegen, das Verwaltungsgericht habe maßgebliche Rechtsvorschriften Außer acht gelassen. Für den hier maßgeblichen Bereich der Tierkörperbeseitigung seien die Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 vom 3. Oktober 2002 und die darauf beruhenden Gesetze und Verordnungen maßgeblich. Die auf dem Hof des Klägers angefallenen Tottiere seien gemäß Art. 5 I lit. e der Verordnung der Kategorie 2 zuzuordnen und unterfielen damit dem Gesetz zur Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über die Verarbeitung und Beseitigung von nicht für den menschlichen Verzehr bestimmten tierischen Nebenprodukten - TierNebG - vom 25. Januar 2004. Es definiere eine Meldepflicht des Tierbesitzers und eine Beseitigungspflicht der zuständigen Körperschaft. Die Tierkörperbeseitigungsanstalt berechne für die tatsächliche Entsorgung satzungsmäßig bestimmte Gebühren. Diese Kosten der Beseitigung tierischer Nebenprodukte trügen zunächst die Beseitigungspflichtigen, also die Landkreise und kreisfreien Städte, wie es auch im früheren Tierkörperbeseitigungsgesetz bestimmt gewesen sei. Nach den hierzu jeweils ergangenen hessischen Ausführungsgesetzen wälzten die Beseitigungspflichtigen diese Kosten jedoch auf die Besitzer ab und erhöben von den Besitzern der Tierkörper Beseitigungsgebühren. Diese würden von den Kreisen nicht unmittelbar erhoben, sondern der Hessischen Tierseuchenkasse in Rechnung gestellt. Bis zum Jahr 2003 habe die Tierseuchenkasse die Kosten nach einem Pool-Verfahren auf alle Tierhalter umgelegt. Nachdem das Gemeinschaftsrecht nunmehr auf das Verursacherprinzip verweise, habe der Landesgesetzgeber unter Normierungszwang gestanden. Folglich habe die Beklagte in § 2 der Nachtragssatzung vorgesehen, dass die in den Tierseuchenkassenbeiträgen enthaltenen Kostenanteile für die Beseitigung von Falltieren verursachergerecht mit einem Drittel der tatsächlich angefallenen Kosten verrechnet würden. Aus dieser Normenkette ergebe sich unmittelbar die Zahlungspflicht des Tierhalters.

Diese Ausführungen wecken beim Senat keine ernstlichen Zweifel im oben genannten Sinn.

Nach § 11 TierNebG werden für Amtshandlungen nach den in § 1 des Gesetzes genannten unmittelbar geltenden Rechtsakten, diesem Gesetz und den zur Durchführung des Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften von den Ländern Gebühren und Auslagen erhoben, deren kostenpflichtige Tatbestände und Gebührenhöhe nach Landesrecht bestimmt werden. Wie vom Bevollmächtigten der Beklagten richtig dargelegt, tragen die Beseitigungspflichtigen, d.h. die Landkreise und kreisfreien Städte, die Kosten der Beseitigung (§ 6 Abs. 2 HAG TKBG; ab August 2005: § 4 Abs. 2 HAGTierNebG). Zur Deckung der Beseitigungskosten erheben sie von den Besitzern der zu beseitigenden Tiere Gebühren und Auslagen aufgrund einer Gebührensatzung nach Maßgabe des Gesetzes über kommunale Abgaben. Nach § 15 Abs. 2 HAGTierSG übernimmt allerdings die Tierseuchenkasse diese Gebühren, soweit für die Beseitigung der Tierkörper nach § 12 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes Beitragspflicht besteht. Jeweils ein Drittel der übernommenen Gebühren oder privatrechtlichen Vergütung für die Beseitigung der Tierkörper erstatten die Landkreise und kreisfreien Städte einerseits sowie das Land Hessen andererseits der Tierseuchenkasse. Für das verbleibende Drittel enthält diese Regelung allerdings entgegen der Ansicht der Beklagten gerade keine Kostentragungspflicht der Besitzer der beseitigten Tierkörper. Eine Änderung dieser gesetzlichen Regelung hat der Landesgesetzgeber aufgrund der neuen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nicht vorgenommen. Vielmehr verweist § 15 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz HAGTierSG ausdrücklich auf die Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 2 HAGTierSG, wonach der Tierbesitzer die Kosten für die Leistung von Gebühren oder privatrechtlichen Vergütungen der Tierseuchenkasse zu erstatten hat, wenn er seiner Beitragspflicht nicht nachgekommen ist. Schon diese einzige ausdrückliche Kostenerstattungsregelung zu Lasten des Tierbesitzers zeigt, dass der Gesetzgeber darüber hinaus davon ausgegangen ist, dass das restliche Drittel der von der Tierseuchenkasse übernommenen Gebühren und privatrechtlichen Vergütungen für die Tierkörperbeseitigung aus den Beiträgen finanziert wird. Auf genau diese Weise hat es die Beklagte ja auch bis zum Haushaltsjahr 2003 praktiziert.

Da sich an dieser landesgesetzlichen Regelung auch unter dem Einfluss der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen nichts geändert hat, konnte auch die Beklagte keine davon abweichende satzungsrechtliche - und damit untergesetzliche - Regelung treffen. Insofern ist auch ohne Bedeutung, welche Vorgaben die vom Bevollmächtigten der Beklagten genannten gemeinschaftsrechtlichen Regelungen enthalten und ob eine Regelung, wie sie die Beklagte auf satzungsrechtlicher Ebene getroffen hat, bei ordnungsgemäßer gesetzlicher Verankerung diesen Vorgaben entsprechen würde.

Aus den Ausführungen des Bevollmächtigten der Beklagten ergibt sich auch nicht der Zulassungsgrund der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Dafür wäre es erforderlich darzulegen, warum und inwiefern das vorliegende Verwaltungsstreitverfahren in seinem Schwierigkeitsgrad signifikant vom Durchschnitt der Verwaltungsstreitverfahren abweicht. Dies ist nicht gelungen.

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ergibt sich ebenfalls nicht aus den Ausführungen des Bevollmächtigten der Beklagten. Wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht, so muss, um dem gesetzlichen Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zu genügen, dargetan werden, welche konkrete und in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechtsfrage oder welche bestimmte und für eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle bedeutsame Frage tatsächlicher Art im Berufungsverfahren geklärt werden soll und inwieweit diese Frage einer (weitergehenden) Klärung im Berufungsverfahren bedarf. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne der vorgenannten verfahrensrechtlichen Bestimmung hat ein Verwaltungsstreitverfahren nur dann, wenn es eine tatsächliche oder rechtliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und über den Einzelfall hinaus in verallgemeinerungsfähiger Form beantwortet werden kann. Nicht klärungsbedürftig ist eine Frage, deren Beantwortung sich ohne Weiteres aus dem Gesetz ergibt.

Hier benennt der Bevollmächtigte der Beklagten bereits keine konkrete Rechtsfrage. Allein der Anschluss an die Ausführungen zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils sowie die Bezugnahme auf die landesweite Bedeutung genügen insofern nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert auf §§ 52 Abs. 3, 47 Gerichtskostengesetz - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Dr. Lohmann Schneider Dr. Apell

Datei:

 

Erfassungsdatum:

14.07.2008

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